Robert Stadlober: "Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut"
18.05.2025, 19:30 - 22:00 Uhr
Robert Stadlober nimmt uns auf eine Reise mit Texten von Kurt Tucholsky mit, die er präzise ausgewählt hat und in dem Band „Wenn wir einmal nicht grausam sind, dann glauben wir gleich, wir seien gut“ (Verbrecher Verlag, 2024) herausgegeben hat. Außerdem ist ein Album mit den vertonten Liedern unter demselben Titel erschienen (staatsakt Records).
Der Publizist und Schriftsteller der Weimarer Republik bringt die Unmöglichkeiten des menschlichen Umgangs auf den Punkt – in Liebesdingen wie in Dingen des Hasses. Es geht um die Sinnlosigkeit von Gewalt sowie die Hoffnungslosigkeit von Politik, die sich über Gewalt zu vermitteln sucht. Um die Sehnsucht nach einer Art richtigem Leben und um den immerwährenden Kampf der Vielen um ein kleines Stück vom Ganzen. Robert Stadlober liest, spielt und singt eigene Vertonungen von Kurt Tucholsky (1890-1935), über den der Schauspieler sagt: „Tucholsky gibt, mir zumindest, Antworten auf Fragen, von denen er wahrscheinlich noch gar nichts wusste. Und einige der Fragen seiner Zeit haben sich schrecklicherweise bis heute gehalten.“
»…Zwölf trocken-pointierte Songs umfasst das Werk. "Die fetten Hände behaglich verschränkt / über der bauchigen Weste": Stadlobers Gesangsvortrag hört man das Verziehen des Mundwinkels jederzeit an. Es war die verlotterte Gesinnung der Bürger, die Tucholsky bevorzugt aufs Korn nahm. Gemeint war der Letzteren Hang zur Heuchelei, die Manier, jede bessere Einsicht an die eigene Bequemlichkeit zu verraten. So ward der Nazi-Diktatur der Boden bereitet. Die Parallele zur Jetztzeit möge bitte jeder eigenhändig mit dem Lineal ziehen…. Zum trockenen Vortrag gesellt sich bei Stadlober das Scheppern der Akustikgitarre. Er ist mit jedem Zoll kein Mey und kein Biermann. Er hat, wie er kürzlich versicherte, am Erzählstil von Grant McLennan Maß genommen. McLennan, vor einigen Jahren verstorben, war der neben Robert Forster zweite Songwriter der famosen Go-Betweens, Australiens größter Indie-Pop-Band neben den Triffids. McLennan war ein verschmitzter, ungemein hintergründiger Melancholiker. Wer genau hinhört, wird in Liedern wie Sie zu ihm auch das trügerische Phlegma eines Lou Reed wahrnehmen, die göttliche Monotonie der Velvet Underground. Robert Stadlober versieht die Tucholsky'schen Figuren mit allen guten Gaben: geballter Ironie, einem Hauch von Zärtlichkeit. Diese famose Platte ist wie ein kurzes Innehalten: "Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, / (…) was war das? Vielleicht dein Lebensglück ... / vorbei, verweht, nie wieder."«
Ronald Pohl, Der STANDARD
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