Von Grafen und Burgen: Die Geschichte Sonnenbergs
Die Entstehung des Stadtteils ist eng mit der Burg Sonnenberg verknüpft.
Erste Erwähnung
In einer Urkunde des Erzbischofs Adalbert I. von Mainz wird 1126 der Name "Wulframus de Sunneberc" erwähnt. Diese Urkunde gilt als die erste urkundliche Nennung des heutigen Stadtteils Sonnenberg.
Burg Sonnenberg und der Konflikt
Im Jahr 1200 begannen die Grafenbrüder Heinrich II. und Ruprecht IV. von Nassau mit dem Bau der Burg Sonnenberg, die zunächst einen Bergfried als Wohn- und Verteidigungsbau umfasste. Doch die Region stand unter der Herrschaft des Mainzer Erzbistums. Als die Nassauer ohne die Zustimmung des Domstifts mit dem Bau fortfuhren, kam es zu einem Konflikt. 1221 wurde dieser durch den Kauf des Burggeländes für 30 Mark gelöst. Das Domstift behielt das Lehen, während die Nassauer das Burggelände übernahmen. Solche Käufe waren im Mittelalter eine gängige Methode, um territoriale Streitigkeiten zu lösen.
Ausbau und Stadtrechte
Unter den Grafen Adolf (1292-1298 deutscher König) und Gerlach von Nassau wurde die Burg weiter ausgebaut. Im Jahr 1338 besuchte Kaiser Ludwig die Burg. 1351 verlieh König Karl IV. von Böhmen Sonnenberg das Stadtrecht. Dies führte zur Errichtung einer Stadtmauer, die im Jahr 1360 vollendet wurde.
Sankt Maria im Tal
Im Jahr 1429 ließ der Grundherr Werner Hut von Sonnenberg eine kleine Kirche, die Sankt Mariae im Dhal, erbauen. Doch bereits im Jahr 1602 war die Kirche in einem so schlechten Zustand, dass sie keine Fenster mehr hatte und die Hostien beim Abendmahl vor dem Wind geschützt werden mussten. Die älteste Glocke von 1690, die beim Läuten während der Beerdigung von Pfarrer Rohr 1934 zersprang, steht heute auf seinem Grab. Die Schlagtöne der heutigen Glocken ergeben in ihrer Tonfolge das Te deum-Motiv.
Grenzstreit und Landwirtschaft
Die Gemarkung von Sonnenberg war im Osten durch den Rambacher, im Süden durch den Bierstadter und im Westen durch die Wiesbadener Grenzen abgesteckt. Eine Ausdehnung nach Norden war nur durch Rodungen möglich. Diese räumliche Enge führte immer wieder zu Konflikten mit den Nachbarorten, die den Vorwurf erhoben, die Sonnenberger hätten ihre Grenzsteine unrechtmäßig versetzt. Ab 1620 war der herrschaftliche Grundbesitz an Landwirte verpachtet, die auch dafür verantwortlich waren, die landesherrliche Hofreite in gutem Zustand zu erhalten. Die Sonnenberger lebten hauptsächlich von Landwirtschaft, Schafzucht und Gartenbau, wobei Kohl- und Krautgärten die Umgebung der Burg prägten. Bereits 1540 ist eine Gemeindeschäferei belegt.
17. und 18. Jahrhundert
Nach dem 30-jährigen Krieg gab es in Sonnenberg nur noch zwölf bewohnte Häuser. 1672 zerstörten brandenburgische Truppen den Ort, plünderten ihn und steckten ihn in Brand. Um 1700 herrschte in Sonnenberg der Ackerbau vor, den die Bauern als Pächter und nur zum geringeren Teil in Eigenregie betrieben. Daneben gab es Tagelöhner, Beamte und Gemeindebedienstete. Im 18. Jahrhundert nahm das Handwerk zu: Immer mehr Sonnenberger verdienten ihren Lebensunterhalt im Bauhandwerk sowie als Leineweber, Korbmacher oder Schwertfeger. Zudem gab es mehrere Müller, denn Sonnenberg hat eine alte Mühlentradition.
Wandel und Herausforderungen
Im 19. Jahrhundert erlebte Sonnenberg einen bemerkenswerten Wandel. 1814 besuchte Johann Wolfgang von Goethe den Ort, der zu dieser Zeit etwa 600 Einwohner zählte.
Zwischen 1817 und 1822 wurde die Waldmark zur Höhe aufgeteilt und 185 Hektar Wald gingen in Gemeindebesitz über, was Sonnenberg zu einer wohlhabenden Gemeinde machte.
Im Jahr 1818 hatte Sonnenberg 154 Familien und 636 Einwohner. Bis 1866 wuchs die Bevölkerung auf 1.232 Menschen an, von denen 1.080 evangelisch, 114 katholisch und 38 jüdischen Glaubens waren. Etwa ein Viertel der Bevölkerung war im Handwerk tätig.
Doch die folgenden Jahre waren von Naturkatastrophen geprägt: Eine verheerende Überschwemmung 1867 und ein Großfeuer 1896 richteten schwere Schäden an.
Entwicklung im 20. Jahrhundert
Um 1900 begann Sonnenberg sich zu einem bevorzugten Wohnort am Rande Wiesbadens zu entwickeln. 1901 wurde der Stadtteil an die elektrische Straßenbahn angeschlossen, 1909 folgte das Kanalnetz. Am 1. Oktober 1926 wurde Sonnenberg schließlich nach Wiesbaden eingemeindet.
Im Jahr 1911 starb Konrad Duden, der Schöpfer des Duden-Wörterbuchs, in Sonnenberg. Ihm zu Ehren wurde die Konrad-Duden-Grundschule auf dem Burgberg benannt und eine Straße.
Zerstörung während der Weltkriege
Im Ersten Weltkrieg starben 115 Menschen aus Sonnenberg. Der Zweite Weltkrieg brachte ebenfalls schwere Zerstörungen und Leid: Ein Bombenangriff im Februar 1945 zerstörte das Rathaus und das Feuerwehrgerätehaus. Im Goldsteintal kamen sechs Menschen ums Leben. Am 28. März 1945 endete der Zweite Weltkrieg für Wiesbaden mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen.
Sonnenberg heute
Der Stadtteil Sonnenberg zählt heute etwa 7.900 Einwohner und hat sich zu einem anziehenden und wohlhabenden Wohngebiet am Rande Wiesbadens entwickelt.
Historisches Highlight
Der Großbrand in der Talstraße 1896 führte zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Sonnenberg. Die Feuerwehr und ihr Förderverein sind seit über 100 Jahren wichtiger Teil der Gemeinde.